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Oberösterreich: Park der Kaiservilla Bad Ischl

Oberösterreich

 

Der Kaiserpark in Bad Ischl

 

Im oberösterreichischen Teil des Salzkammergutes, etwa 40 km östlich der Stadt Salzburg, liegt im Bezirk Gmunden der Kurort Bad Ischl. An der Nordseite des Ortes, direkt am Ufer der Ischl, befindet sich die ehemalige Kaiservilla. Der sie umgebende Landschaftspark aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist nicht nur - zusammen mit der Kaiservilla - einer der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte der Region, sondern zählt auch zu den bedeutendsten und am besten erhaltenen historischen Gartenanlagen Oberösterreichs.

 

Der bereits seit der Hallstattzeit besiedelte Raum von Bad Ischl war im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit durch den Salzabbau und -handel zu wirtschaftlicher Bedeutung gelangt. Die Blütezeit Ischls begann mit der Entdeckung der medizinischen Heilwirkung der Salz-Solebäder durch den Salinenphysikus Josef Götz. Der kaiserliche Leibarzt und Rektor der Universität Wien Franz de Paula von Wirer erkannte deren Potenzial und ließ 1822 vor die ersten Kurgäste behandeln. In der Folge stieg Ischl rasch zu einem Kurort von europäischem Rang auf.

 

Wirer war es auch, welcher der bis dahin kinderlosen Frau von Erzherzog Franz Karl, Sophie von Bayern, eine Kur in Bad Ischl empfahl. Ab 1827 kurte sie jedes Jahr in Ischl. Nachdem sie ab 1830 drei Söhne innerhalb von vier Jahren geboren hatte, wurde deren Geburt der Sole-Kur zugeschrieben. Der älteste der daher als "Salzprinzen" bezeichneten Söhne war der spätere Kaiser Franz Joseph, der bereits 1831 zum ersten Mal und in der Folge regelmäßig mit der Familie auf Sommeraufenthalt in Ischl weilte und den Ort lieben lernte.

 

Fünf Jahre nach seiner Thronbesteigung hatte er 1853 bei seinem jährlichen Sommeraufenthalt in Ischl die zweite Tochter des Herzogs Max Joseph von Bayern, Elisabeth Amalie Eugenie, kennengelernt und sich sofort in sie verliebt. Die Verlobung folgte unmittelbar, und Franz Josephs Mutter Sophie suchte nach einem passenden Verlobungsgeschenk. Sie fand es in Form einer biedermeierlichen Villa, die der Wiener Notar Josef August Eltz 1834 am Nordufer der Ischl am Fuß des Jainzenberges errichten hatte lassen. Die Villa, die auch der vormalige Staatskanzler Clemens Wenzel von Metternich mehrmals für Sommeraufenthalte gemietet hatte, hatte 1850 der Kreisarzt der Ischler Solebäder, Dr. Eduard Mastalier, gekauft. Von ihm erwarb sie Erzherzogin Sophie 1853, um sie Franz Joseph und Elisabeth anlässlich ihrer Heirat im folgenden Jahr zum Geschenk zu machen. Noch im Winter 1853/1854 begannen die Umbauarbeiten, mit denen Antonio Legrenzi beauftragt wurde. Er fügte der Villa zwei L-förmige Seitenflügel an und verlegte die Schauseite der Villa, die er neoklassizistisch umgestaltete, auf die zum Jainzenberg gerichtete Nordseite, die die zukünftige Gartenseite bilden sollte. Um am unteren Hang des Jainzenberges einen Park anlegen und die für die kaiserliche Hofhaltung erforderlichen Nebengebäude errichten zu können, wurde das Gelände erweitert. 1854 erfolgten ein weiterer Grundankauf von Dr. Mastallier, ein Grundtausch mit einem benachbarten Landwirt sowie der Erwerb des im Biedermeier als Ausflugsziel beliebten Landwirtschaftsgutes Schmalnau. So konnte die Liegenschaft auf den bis heute erhaltenen Umfang von etwa 20 ha vergrößert werden.

 

 

 

1855 wurde der Hofgärtner Franz Rauch mit der Anlage des Parks betraut. Franz Rauch (1809-1888) war einer der bedeutendsten österreichischen Gärtnerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts und konnte auf eine reiche internationale Erfahrung verweisen. Er wurde von seinem Vater, dem Hofgärtner Stephan Rauch in Laxenburg, ausgebildet und konnte damit unmittelbare Erfahrungen in einem der bedeutendsten, von seinem Vater mitgestalteten Landschaftsgärten Mitteleuropas sammeln. Danach war Franz Rauch von 1820 bis 1823 im Wiener Hofburggarten tätig. Er wurde im Anschluss von der Hofgartendirektion auf mehrjährige Sammelreisen durch Europa gesandt. Insgesamt verbrachte er zwölf Jahre im Ausland, darunter längere Zeit in London, wo er als Mitarbeiter der Horticultural Society auch einen der bedeutendsten englischen Gartenarchitekten und -Publizisten, John Claudius Loudon (1783-1843) kennenlernte und an der Vorbereitung seiner Publikationen, darunter der zweiten Auflage der berühmten Encyclopedia of Gardening mitarbeitete. Er erwarb dabei umfangreiche Kenntnisse über englische und europäische Gartenanlagen.

 

Nach Wien zurückgekehrt, gestaltete er die Postwiese im Hietzinger Teil des Schönbrunner Schlossparkes landschaftlich um und war an der Revitalisierung des Belvedere-Gartens beteiligt.

 

Der Auftrag zur Anlage des Parks der Kaiservilla in Bad Ischl war sein erster Auftrag für eine vollständige Neuschöpfung. Rauchs Originalentwurf ist erhalten, aber als Teil eines in Privatbesitz befindlichen historischen Gartenplankonvoluts nicht der Öffentlichkeit und Forschung zugänglich. Da der Park in späterer Zeit aber kaum verändert wurde, lässt sich auch an späteren Planaufnahmen wie auch an seiner heute überkommenen Form die ursprüngliche Planung Rauchs gut ablesen.

 

Vor der neuen zum Hang des Jainzenberges gerichteten Gartenfassade ließ Rauch einen klassischen Pleasureground mit mehreren Teppich- und Schmuckbeeten anlegen. Die neobarocke Brunnengruppe vor dem Mitteltrakt der Villa wurde 1881 vom Bildhauer Viktor Tilgner geschaffen. Die dahinter in der Wiesenfläche aufgestellte Skulptur des "Lauschers" war ein Geschenk der englischen Königin Victoria an Kaiserin Elisabeth.

 

Den vom Pleasureground ausgehenden, sich über den sanft ansteigenden unteren Hangteil des Jainzenberges erstreckenden Park teilte Rauch durch Wald- und Gehölzgruppen in zwei große und drei kleine Wiesenflächen. Die Wiesenflächen wurden durch Einzelbäume und kleine Baumgruppen belebt und durch abwechslungsreiche Gehölzsäume der dahinterliegenden Waldflächen eingefasst. Sowohl für die freistehenden Solitärbäume und Baumgruppen wie auch für die Gehölzsäume wurden sowohl einheimische wie exotische Gehölze verwendet.

 

Ein großzügig geführtes Wegenetz, das Rauch weitgehend durch von Wiesenflächen begrenzten Waldstreifen führte, ermöglicht schattige Spaziergänge, die an bestimmten Sichtpunkten Blicke in den Park und auf die umgebende Landschaft freigeben. Wie im Landschaftsgarten üblich, integrierte Rauch den anschließenden bewaldeten Jainzenberg, wie auch die entferntere Berglandschaft des Salzkammergutes bis zum Dachstein, optisch in den Park.

 

 

 

 

Nachdem Legrenzi 1858 überraschend verstorben war, wurden Rauch auch die Bauangelegenheiten übertragen, die aufgrund der regelmäßigen Einstellung der Bauarbeiten während der Anwesenheit des Kaisers, seiner Familie und seiner Gäste im Sommer sowie der hohen Schneelage im Winter noch nicht abgeschlossen waren. Rauch vollendete in der Folge nicht nur die Ausgestaltung der Villa und die Errichtung der Neben- und Wirtschaftsgebäude im südöstlichen Parkteil und der Gärtnerei westlich der Villa. Er schuf auch die drei bis heute bestehenden Parkbauten: die Gloriette, den Spiegelpavillon und das Cottage.

 

Am östlichen Rand der großen Wiese vor der Villa wurde auf halber Höhe des Hanges die Gloriette in Form eines offenen achteckigen Pavillons als filigrane Gusseisen-Konstruktion errichtet.

 

An der höchsten Stelle des Parks am nördlichen Parkweg liegt der ebenfalls achteckige, offene Spiegelpavillon, der als Holz-Eisenkonstruktion ausgeführt wurde und in dessen nordseitigen Öffnungen ursprünglich Spiegel angebracht waren, die die südseitigen Berge widerspiegelten.

 

Das bedeutendste Parkgebäude ist jedoch das heute als Marmorschlössl bezeichnete Cottage, das Rauch, vermutlich nach Plänen Legrenzis, im Stil der elisabethanischen Renaissance zwischen 1859 und 1961 vollendete. Den im Zentrum des Parks an der Stelle des ehemaligen Schmalnauer Hofes stehenden Bau aus graurosa Pötschener Marmor mit einer umlaufenden gusseisernen Loggia hatte Franz Joseph als Rückzugsort für seine Frau errichten lassen. Elisabeth nutzte den Bau ab 1865 jedes Jahr - bis zu ihrer Ermordung 1898.

 

Alle drei Parkbauten sind nicht freistehend konzipiert, sondern sie sind - wie die Wegeführung -teilweise in den Wald-und Gehölzgruppen verborgen, ermöglichen aber Ausblicke durch Sichtachsen. So hat Rauch durch die Kombination von im Gehölz verborgenen Wegen und Plätzen mit offenen Ausblicken auf die Villa, die Parkbauten und in die umgebende Landschaft durch wechselnde Licht- und Schattenpartien auf vergleichsweise kleinem Raum eine abwechslungsreiche Parklandschaft geschaffen, die bis heute ihren Reiz nicht verloren hat.

 

Kaiser Franz Joseph blieb auch nach dem Tod Elisabeths dem Lieblingsort seiner Kindheit und Jugend treu und verbrachte bis zum Kriegsausbruch 1914, den er durch die Unterzeichnung der Kriegserklärung an Serbien in der Kaiservilla in Ischl ausgelöst hatte, insgesamt 82 Sommer in Ischl.

 

Aufgrund der Wertschätzung des Kaisers für die Anlage wurde auch der Park kontinuierlich auf hohem Niveau gepflegt. Nachdem Franz Rauch 1862 zum leitenden Hofgärtner in Laxenburg bestellt worden war, gewährleistete unter anderen Hofgarteninspektor Hanke 30 Jahre die Pflege des Parks.

 

Auch nach dem Tod des Kaisers wurde die Pflege nicht vernachlässigt. Franz Joseph hatte die in seinem Privatbesitz befindliche Anlage seiner jüngsten Tochter Marie Valerie vererbt. Die Erzherzogin hatte gemeinsam mit ihrem Mann Erzherzog Franz Salvator 1918 auf alle Thronansprüche verzichtet, weshalb keine Enteignung durch das von der neuen Republik Österreich 1919 erlassene Habsburgergesetz erfolgte. Kaiservilla und Park verblieben - bis heute - in habsburgischem Besitz.

 

Die Pflege des Parks wurde auch nach 1918 aufrechterhalten. Zudem wurde der Park gegen einen geringen Eintritt allgemein zugänglich gemacht. 1926 pachtete die Wiener Molkerei das Cottage und richtete darin ein Milch- und Kaffeehaus ein. Nach wechselnden Nutzungen befand sich das nun "Marmorschlössl" genannte Cottage 1970 in baulich schlechtem Zustand. Ein Bestandsvertrag mit dem Oberösterreichische Landesmuseum 1975 ermöglichte die Renovierung und 1978 die Eröffnung des noch heute dort befindlichen Photomuseums Bad Ischl.

 

1990 wurde im Auftrag des Bundesdenkmalamtes ein gartendenkmalpflegerisches Beratungskonzept für den Park von Franz und Edit Bódi erstellt. Auf dessen Grundlage erfolgten Pflegemaßnahmen durch die Eigentümer.

 

2009 beauftragte die Stadtgemeinde Bad Ischl ein Parkpflegewerk, das bis 2011 vom Büro kastinger landschaftsarchitektur unter Beratung von Gerhard Rennhofer und Stefan Schmidt erstellt wurde. Es sollte auch zur Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs zur Vorbereitung der oberösterreichischen Landesgartenschau 2015 in Bad Ischl dienen. Im Zuge der Vorbereitung wurden im Parkpflegewerk erarbeitete Pflegemaßnahmen umgesetzt und unter anderem Blumenbeete im Bereich des Pleasuregrounds wiederhergestellt. Die unter dem Titel "... des Kaisers neue Gärten" abgehaltene Landesgartenschau zog über 340.000 Besucher an.

 

Auch abseits derartiger Großveranstaltungen stellt der Kaisergarten in Bad Ischl heute einen wichtigen touristischen Anziehungspunkt für die Region dar. Darüber hinaus zählt er aufgrund seiner kontinuierlichen Pflege zu den am besten erhaltenen historischen Gärten in Privatbesitz und zu den vorbildlichen Beispielen der Gartendenkmalpflege in Österreich.

 

Die Kaiservilla und der Kaiserpark befinden sich im Eigentum des Urenkels von Franz Joseph, Markus Emanuel Habsburg-Lothringen. Die Kaiservilla ist gegen Eintritt über Führungen von April bis Oktober täglich, im Dezember an den Adventwochenenden und von Jänner bis März mittwochs zugänglich. Das Photomuseum Bad Ischl ist von Mai bis Oktober täglich gegen Eintritt zugänglich. Der Kaiserpark ist an den Öffnungstagen der Kaiservilla ebenfalls gegen Eintritt zugänglich.

 

Text: © Thomas Baumgartner

Alle Photos dieser Seite: © Christian Hlavac

 

 

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