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Salzburg: Kleßheim

Der Schlosspark von Schloss Kleßheim

 

Fünf Kilometer nordöstlich des Stadtzentrums von Salzburg, fast direkt an der österreichisch-deutschen Grenze liegt das barocke Schloss Kleßheim, dessen formale Parkanlage in ihrem heutigen Erscheinungsbild auf die nationalsozialistische Umgestaltung im Zuge der Nutzung des Schlosses als "Gästehaus des Führers" zurückgeht.

 

Der Ansitz Kleßheim bei Siezenheim wird bereits 1563 urkundlich erwähnt. 1690 erwirbt ihn Erzbischof Johann Ernst Graf Thun und lässt ab 1693 eine ummauerte Fasanerie errichten. Zugleich beauftragt er seinen Hofarchitekten Johann Bernhard Fischer mit der Planung eines kleinen Lustgebäudes, des "Belvederes" (heute "Hoyos-Stöckl") im Fasangarten, die im Jahr darauf vorliegt und ausgeführt wird. Erst in den Jahren darauf wird Fischer auch mit der Planung eines großen Lustgebäudes in dem südwestlich an den Fasangarten anschließenden Areal beauftragt. Die Bauarbeiten an diesem als "neue Favorita" bezeichneten Bau, dem heutigen Schloss Kleßheim, beginnen 1700 und sind im Todesjahr des Erzbischofs 1709 weitgehend abgeschlossen; sein Nachfolger Franz Anton Graf Harrach vollendet die Bauarbeiten.

Über das Aussehen der bereits während des Schlossbaues begonnenen, jedoch auch unter Franz Anton Harrach nicht fertiggestellten formalen Gartenanlage gibt es keine näheren Aufschlüsse. Auch der Anlagezeitpunkt und Gestaltung des südwestlich an das Schloss und den Ziergartenbereich anschließenden Meierhof- und Küchen-Garten ist nicht bekannt.

Aus der Zeit seines Nachfolgers Leopold Anton Reichsfreiherr von Firmian sind Pläne des fürsterzbischöflichen Garteninspektor Franz Anton Danreiter für die dem Schloss südöstlich (stadtseitig) und nordwestlich vorgelagerten Gartenbereiche erhalten, die jedoch nicht ausgeführt wurden.

Erst unter dem letzten Salzburger Fürsterzbischof Hieronymus von Colloredo werden weitere Gartengestaltungen ausgeführt. 1787 ordnet er die Anlage eines kleinen landschaftlichen Gartens auf der nordöstlichen, an den Fasangarten grenzenden Hälfte des stadtseitigen freien Vorfeldes des Schlosses an. In diesem kleinteiligen Garten wurde unter anderem ein Teich mit Fischerhütte angelegt. Ob auch die zu dieser Zeit dokumentierten beiden Boskette an den Schmalseiten des Schlosses, deren nördliches eine kleine Einsiedelei enthielt, erst unter Hieronymus von Colloredo angelegt wurden, ist nicht bekannt.

 

Nach der Säkularisierung des Salzburger Fürsterzbistums 1803 und der Angliederung Salzburgs an Österreich 1816 gelangte Schloss und Park von Kleßheim in habsburgischen Familienbesitz und ging 1866 in das Privateigentum von Erzherzog Ludwig Viktor über, der das Schloss bis zu seinem Tod 1919 bewohnte. Er ließ von Heinrich Ferstel 1880 bis 1882 das Kavaliershaus nordöstlich des Schlosses als Winterquartier errichten, ließ den vorhandenen Garten aber weitgehend unverändert.

1921 erwarb das Land Salzburg Schloss Kleßheim, in dem 1925 bis 1935 die Elizabeth Duncan Schule für Rhythmik und Gymnastik untergebracht war.

 

 

Mit dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich wurde Schloss Kleßheim als Gästehaus der deutschen Reichsregierung adaptiert. Dazu wurde vom Gartenarchitekten Georg Witasek auch die noch bestehende englische Anlage vor dem Schloss entfernt, um eine repräsentative Zufahrt zu schaffen. Statt der englischen Anlage wurde eine große Rasenfläche mit einem ovalen Rasenplatz vor dem Schloss angelegt.

Aufgrund seiner günstigen Lage und insbesondere der Nähe zu Hitlers Sommerquartier am Obersalzberg wurde Kleßheim 1940-42 zum "Gästehaus des Führers" ausgebaut, das als "Empfangssalon des Reiches" als kriegswichtiger Bau eingestuft wurde. Für die Gartengestaltung wurde der Direktor des Berliner Tiergartens Rudolf Timm herangezogen. Timm entwarf das bis heute bestehende über die Breite des Schlosses bis zum neuerrichteten Einfahrtsportal reichende barockisierende Parterre mit Rasenfeldern, Formbäumen und dem dem Schloss vorgelagerten Brunnenbassin. Es sollte einen monumentalen Vor- und Zufahrtsbereich zum Schloss bilden und die zentrale Achse unterstreichen, die nach Salzburg zum geplanten "Parteiforum" auf dem Kapuzinerberg reichen sollte. Eine barockisierende Gestaltung wurde gewählt, um einen Einklang mit der Schlossarchitektur herzustellen. Timms Gestaltung berücksichtigte die barocken Pläne Danreiters jedoch ebenso wenig wie die ideellen und gestalterischen Grundsätze barocker Gartenarchitektur, da diese den Hauptzweck der Steigerung der Repräsentationswirkung des Schlosses in diesem Fall nicht ausreichend unterstützt hätten. Er verwirklicht stattdessen unter zeittypischer Verwendung von Versatzstücken barocker Gartengestaltungselemente eine ausschließlich auf die monumentale Überhöhung des Schlosses abzielende "pseudobarocke" Planung.

Im Park wurden aus dem beschlagnahmten Schloss Leopoldskron antransportierte, teilweise vom enteigneten Eigentümer Max Reinhardt aus Schloss Thürnthal angekaufte Statuen aufgestellt.

 

1945 wurde Schloss Kleßheim Hauptquartier der US- Militärverwaltung für die österreichische Besatzungszone. 1948 wird es wieder in Besitz des Landes Salzburg übereignet, das das Schloss ebenfalls als Gästehaus und Veranstaltungsort verwendet. 1955 wurde auf großen Teilen des Fasangartens der Golf & Country Club Salzburg eingerichtet. Im Bereich des Meierhofes und Küchengartens wurden die Landwirtschaftsschule Kleßheim und die Tourismusschulen Salzburg untergebracht. Seit 1993 betreiben die Casinos Austria im Schloss das Casino Salzburg.

 

Die Gartenanlage von Schloss Kleßheim ist heute mit Ausnahme von fragmentarischen Resten des barocken Fasangartens im Wesentlichen durch die neobarocke Überformung des Vorbereichs des bedeutenden Fischer von Erlach`schen Schlossbaues in der Zeit der Dritten Reiches geprägt. Diese Anlage entspricht in der Anwendung und Kombination von pseudobarocken Gestaltungselementen zum einem durchaus der Interpretation barocker Gartenstrukturen in der Zwischenkriegszeit, für die sie in Österreich das einzige Beispiel einer Neuanlage darstellt. Darüber hinaus ist sie auch in ihrer gestalterischen Unterordnung unter ein propagandistisches Primat gänzlich abseits des Anspruches einer kunsthistorischen oder denkmalpflegerischen Rekonstruktion ein gartendenkmalpflegerisches Mahnmal der ideologischen Instrumentalisierung "barocker" Gartenarchitektur durch den Nationalsozialismus.

 

Schloss und Park von Kleßheim sind im Besitz des Landes Salzburg und teilweise öffentlich zugänglich.

 

 

 

Text: © Thomas Baumgartner

Bilder: Gakuro/Wikimedia

 

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