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Steiermark: Eggenberg

Steiermark

 

Die Gartenanlagen von Schloss Eggenberg in Graz

 

Am Fuß des Plabutsch liegt am westlichen Stadtrand von Graz Schloss Eggenberg mit seinen Gartenanlagen. Das seit 2010 zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Schloss ist die bedeutendste barocke Schlossanlage der Steiermark. Die knapp 18 Hektar umfassenden Gartenanlagen, die heute im Wesentlichen die landschaftlichen Gestaltungen des 19. Jahrhunderts zeigen, zählen nicht nur zu den bedeutendsten historischen Gartenanlagen der Steiermark, sondern aufgrund ihrer Gestaltungsgeschichte und der jüngsten Wiederherstellungsmaßnahmen zu den wichtigsten Gartendenkmalen Österreichs.

 

Die Anlage geht auf den aus einer bürgerlichen Weinhändlerdynastie stammenden und zum Münzmeister Kaiser Friedrichs III. aufgestiegenen Balthasar Eggenberger zurück, der zwischen 1460 und 1463 ein "Orthof" genanntes Gut erwarb und zum 1470 urkundlich genannten befestigten Edelsitz ausbaute. Den heute erhaltenen Schlossbau ließ sein Nachfahre Hans Ulrich von Eggenberg (1568-1634) ab 1625 nach Plänen des oberitalienischen Architekten Giovanni Pietro de Pomis errichten. Hans Ulrich von Eggenberg, vom Protestantismus zum Katholizismus übergetreten, war zu einem wichtigen Vertrauten der Habsburger aufgestiegen. Er wurde von Kaiser Ferdinand II. zum Reichsfürsten und Herzog erhoben. Als Statthalter, Obersthofmeister, Direktor des geheimen Rats und Hofkammerpräsident war er einer der einflussreichsten und reichsten Männer seiner Zeit. Er ließ Schloss Eggenberg als prunkvollen Repräsentationssitz in Form einer mächtigen Vierflügelanlage mit Ecktürmen und umgebenden Wehrgraben ausbauen. Der Bau wurde jedoch erst 1646 von seinem Sohn Johann Anton I. von Eggenberg (1610-1649), die Innenausstattung 1666 unter seinem Enkel Johann Seyfried von Eggenberg (1644-1713) fertiggestellt; der Gemäldezyklus des Festsaales war erst 1685 vollendet.

 

Vermutlich war bereits unter Hans Ulrich von Eggenberg ein Garten angelegt worden, den Matthäus Merian in einem um 1654 entstandenen Kupferstich zeigt. Merian stellt den  südöstlich des Schlosses gelegenen Garten zeittypisch als rechteckige, von einer Mauer mit vier Ecktürmen eingefriedete Anlage dar, die über zwei Prunktore zugänglich ist. Zwei Obstbaumgärten an den Schmalseiten begrenzen den zentralen Lustgarten, der von einem kreuzförmigen Laubengang mit Lauben-Pavillons in vier Gartenquartiere unterteilt wird. Bereits vor 1630 ist die Betreuung der Obstgärten durch den Hofgärtner Peter Preiner belegt.

 

Unter Johann Seyfried von Eggenberg wurde ab 1663 der Garten umfangreich umgestaltet und vermutlich auf die bis heute erhaltene Größe erweitert. Neben einem südöstlich an das Schloss anschließenden, in regelmäßige Heckenquartiere unterteilten Formalgarten ließ er westlich und östlich des Schlosses Baumgärten anlegen, die auch ein vor 1700 entstandener Kupferstich von Andreas Trost dokumentiert. Auch Wasserkünste, ein Heckentheater, Volieren, Schildkrötenteiche und einen Fasangarten umfasste der barocke Ausbau der Gartenanlagen. Eine bedeutende Rolle spielte die Obstzucht, die Hofgärtner Conrad Windthofer ab 1663 stetig erweiterte. Auch der große Küchengarten im Bereich des heutigen Planetengartens und des Archäologiemuseums im Nordosten des Parkareals dürfte zu dieser Zeit entstanden sein. 1689 wurde ein großes Pomeranzenhaus errichtet, für welches Zitrusbäume und andere exotische Gewächse - sowohl von den Eggenbergischen Gütern in Slowenien, als auch aus Holland - besorgt wurden.

 

 

Mit dem Aussterben der männlichen Eggenberger im Jahr 1717 wurde das Schloss kaum mehr genutzt und dessen Ausstattung weitgehend verkauft; die Gärten vernachlässigte man.

Ab der dritten Heirat von Anna Eleonora, der Schwester des letzten männlichen Eggenbergs, mit Johann Leopold Graf Herberstein (1712-1789) erfolgte wieder eine Nutzung und zwischen 1754 und 1762 eine Neuausstattung des Schlosses. Im Zuge dessen wurden auch die Gartenanlagen neu ausgestattet, wobei die Aufteilung des Gartens aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts weitgehend beibehalten wurde. Herberstein ließ jedoch vor dem Schloss eine weitere Umfassungsmauer errichten, Gartenskulpturen aufstellen und die südöstlichen schlossseitigen Gartenquartiere in Broderieparterres umgestalten. Nordwestlich des Schlosses wurde ein Labyrinth angelegt und im südöstlichen Gartenteil der heute noch bestehende Rokokopavillon errichtet. Herberstein intensivierte auch die Obstbaumzucht in Eggenberg. Er ließ nicht nur neues Spalierobst im großen Küchengarten pflanzen, sondern auch die von hohen Hainbuchenhecken gerahmten Boskettquartiere im Osten der Anlage mit Obstbäumen besetzen. Auch die Umfassungsmauer der Parkanlage mit ihren zwölf Toren geht in ihrer heutigen Gestalt auf die Ausgestaltung unter Herberstein zurück.

Nach dem Tod Anna Eleonoras 1774 ging Eggenberg in den Besitz der Herberstein über. Johann Leopold Graf Herberstein öffnete die Gartenanlagen nach dem Vorbild Kaiser Josephs II. für die Öffentlichkeit.

 

Nach dem Tod Johann Leopold Graf Herberstein (1789) ging Eggenberg in den Besitz Johann Hieronymus "Jerôme" von Herberstein (1772-1847) aus der schlesischen Linie der Herbersteins über, der seinen Hauptwohnsitz auf seinem schlesischen Gut Gorzanow/Grafenort beibehielt und nur selten in Eggenberg Quartier nahm. Dessen ungeachtet wollte der gartenbegeisterte Graf auch in Eggenberg gemäß dem neuen landschaftlichen Gartenideal eine "neue Welt" im Sinne eines "Landschafts=Gemäldes" schaffen. Mit der Umsetzung seiner Ideen beauftragte er den schlesischen, in Berlin und Sachsen ausgebildeten Gärtner Franz Matern. Matern konnte die Ideen seines Auftraggebers ab 1829, beschränkt durch geringe finanzielle Mittel, nur sukzessive umsetzen, sodass das barocke Gartenareal nicht nach einem Gesamtplan, sondern schrittweise verlandschaftlicht wurde. So wandelte man zunächst ab 1832 den südöstlich vor dem Schloss gelegenen Gartenteil in eine "englische Parthie" mit geschwungenen Wegen und Gehölzgruppen aus exotischen und einheimischen Pflanzen um. Anstelle eines barocken Pavillons wurde ein "Bacchustempel" in Form eines Monopteros errichtet, den man jedoch 1923 abbrach.

 

1833 wurde die nordostseitige Terrasse vor dem Schloss abgebrochen und an dessen Stelle ein künstlicher Hügel als Aussichtpunkt geschaffen, der von einem eisernen, im chinesischen Stil gehaltenen Schirmunterstand, dem "Parapluie", bekrönt wurde. Dieser 1836 fertiggestellte "Rosenberg" war seinem Namen entsprechend auf der Südseite mit in Gruppen gesetzten Strauchrosen und auf der Nordseite mit niedrigen Nadelgehölzen bepflanzt. Ein durch die Pflanzgruppen geführter geschwungener Weg ermöglichte den Aufstieg zum Parapluie. Herberstein und Matern vereinten damit den Gedanken eines in der biedermeierlichen Gartengestaltung beliebten Schneckenbergs mit einer Kombination der englischen Moden des Rosariums und der niedrigen immergrünen Gehölzgruppe (der "shrubbery"). Der Rosenberg bildete damit einen Hauptattraktionspunkt des Eggenberger Gartens.

 

Von 1833 bis 1835 wurde der auch als "Extragarten" bezeichnete barocke Küchengarten in eine Versandgärtnerei mit einer Obstbaumschule umgewandelt, für die Pflanzenkäufe in ganz Europa getätigt wurden. 1836 nahm der "Herbersteinʾsche Handelsgarten" seinen Betrieb auf. Für die auch als Schaugarten dienende Anlage wurde 1841 durch Georg Hauberisser anstelle der barocken Glashäuser ein architektonisch ausgestaltetes Schau-Gewächshaus errichtet, das zu den ersten Gusseisen-Konstruktionen im österreichischen Raum zählte. Während die Handelsgärtnerei mit exotischen Zierpflanzen keinen kommerziellen Erfolg hatte, erwies sich die mehr als 10.000 Bäume umfassende Obstbaumschule als durchaus gewinnbringend.

 

1839 quittierte Franz Matern den Dienst bei Herberstein und machte sich selbstständig. Sein Nachfolger Friedrich Wägener, ebenfalls ein schlesischer Gärtner, setzte nach dem Tod Johann Hieronymus von Herberstein die Umgestaltung des Gartens für dessen Nachfolger Johann Heinrich Graf Herberstein (1804-1881) fort.

 

1847 gestaltete er an der Nordwestseite des Schlosses einen kleinen Privatgarten, das Frühstücks- oder "Herrschaftsgartel", zunächst mit historisierenden Blumenrabatten, die später in Rosenbeete mit umlaufenden Buchskugeln umgewandelt wurden. Nach 1848 wurde auch der noch verbliebene östliche Teil des Parks mit den noch in Form von Obstbaumwiesen bestehenden ehemaligen barocken Boskettquartieren in eine landschaftliche Anlage umgewandelt. Dabei wurde aus Kostengründen die barocke Wegeführung nur mit leichten Veränderungen in Form von abschnittsweisen Schwüngen beibehalten. Trotzdem konnte Wägener durch geschickte Platzierung der Gehölzgruppen und Solitärbäume, die Anlage eines Teiches und die Legung der Sichtachsen den bis heute bestehenden Eindruck eines in die umgebende Landschaft nahtlos übergehenden Parks, ganz im Sinne von Johann Hieronymus von Herberstein, verwirklichen.

 

Beim Südpavillon, der 1860 anstelle der barocken Schießstätte an der Südecke des Parks errichtet wurde, entstand ein dem "Herrschaftsgartel" verwandter kleiner Garten mit Rasenfeldern und Blumenscheiben mit saisonalem Flor.

 

Mit zunehmendem Alter war Wägener immer weniger in der Lage, die Pflege des Gartens zu erhalten; dieser verwahrloste zunehmend. 1870 ließ man die Handelsgärtnerei auf. Nach dem Tod Johann Heinrich von Herbersteins wurde die Pflege des Parks weiter reduziert. 1895 brach man den Parapluie ab und ersetzte ihn durch eine Traueresche. Im Park wurden ein Tennisplatz, ein Golfkurs, eine Reitbahn und ein Eislaufplatz angelegt.

 

 

1939 erwarb das Land Steiermark die Anlage. Im und auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Pflege des Parks gänzlich eingestellt. Im rasch verwilderten Park wurde Wild gehalten sowie Wiesenflächen und der Extragarten verpachtet. Das ruinöse Gewächshaus brach man ab. 1947 wurde Schloss Eggenberg dem Landesmuseum Joanneum angegliedert und nach umfangreichen Restaurierungen 1953 dem Publikum zugänglich gemacht.

 

1993 beauftragte man Maria Auböck mit der Erstellung eines Parkpflegewerks, das im Zuge der Unterschutzstellung des Gartens 2004 durch Andreas Zbiral ergänzt und erweitert wurde.

 

1999 wurde die Gartenarchitektin Helga Maria Tornquist mit der Planung eines neuen Gartens auf dem Areal der ehemaligen Herbersteinʾschen Handelsgärtnerei beauftragt. 2000 entstand die Anlage des "Planetengartens" als Garten-Analogon zum Planetensaal des Schlosses in moderner gärtnerischer Gestaltung. Im Anschluss an diesen Garten befindet sich das 2009 eröffnete Archäologiemuseum des Joanneums.

 

2003 wurde wieder ein gärtnerisches Team eingesetzt, das die Pflegemaßnahmen aufnahm und mit der Umsetzung des Parkpflegewerkes begann, was unter anderem die Reduktion des Wildwuchses, die Ergänzung der Gehölzgruppen und die Freistellung von Sichtachsen umfasst. Zugleich wurden erste Restaurierungs- und Rekonstruktionsmaßnahmen in Angriff genommen. Neben gartenarchäologischen Grabungen bildeten unter anderem der erhaltene umfangreiche Briefwechsel zwischen Johann Hieronymus von Herberstein und Franz Matern sowie die Pflanzenkataloge der Herbersteinʾschen Handelsgärtnerei  wichtige Grundlagen für die planerische und gärtnerische Umsetzung der Rekonstruktionsvorhaben.

 

2004/2005 wurde das "Herrschaftsgartel" in der späteren Fassung von Friedrich Wägener unter der Planung von Andreas Zbiral rekonstruiert. 2005/2006 folgte der Garten vor dem Südpavillon. Wie beim "Herrschaftsgartel" erfolgte die Pflanzenauswahl anhand der Herbersteinʾschen Handelsgärtnereikataloge. Aufgrund der Erfahrungen aus diesen Rekonstruktionen und eines 2005 abgehaltenen internationalen Workshops wurde 2007/2008 die aufwendigste Struktur des Eggenberger Landschaftsgartens, der Rosenberg, rekonstruiert. Die Auswahl der 350 Rosenstöcke, 400 Gehölz- und 5000 Zwiebelpflanzen erfolgte wie beim "Herrschaftsgartel" und dem Garten vor dem Südpavillon anhand der Herbersteinʾschen Handelsgärtnereikataloge. So stellt der Rosenberg wie zu seiner Entstehungszeit wieder einen - auch im buchstäblichen Sinn zu verstehenden - Höhepunkt des Eggenberger Landschaftsgartens dar.

 

2015/2016 mussten an der Ostecke des Parks erkrankte Hainbuchen entfernt werden. Die dadurch entstandene Freifläche wurde für die Anlage einer kleinen Obstbaumpflanzung aus 50 im Raster gesetzten historischen Apfel- und Birnbäumen genutzt. Sie soll an die große Tradition der Obstbaumzucht in Eggenberg und die ehemaligen in diesem Bereich befindlichen Heckenboskette mit Obstbaumpflanzungen, den späteren Obstbaumwiesen, anknüpfen.

 

Die seit 2000 erfolgten Restaurierungs- und Rekonstruktionsmaßnahmen machen den Park von Schloss Eggenberg - neben seiner historischen Bedeutung - zu einem der wesentlichen Beispiele der aktiven Gartendenkmalpflege in Österreich.

 

Neben dem Denkmalschutz- und dem UNESCO-Weltkulturerbe-Status bildet der Park seit 2015 auch das "Europaschutzgebiet Schloss Eggenberg" nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union.

 

Schloss und Park befinden sich im Eigentum des Landes Steiermark. Das Schloss, das Archäologiemuseum und die Parkanlage werden vom Universalmuseum Joanneum verwaltet und betrieben. Schloss und Archäologiemuseum sind gegen Eintritt vom April bis Oktober zugänglich, die Parkanlage ganzjährig bei freiem Eintritt.

 

 

Text: © Thomas Baumgartner

 

Photos dieser Seite: © Reinhard Sock CC BY-SA 3.0 at (oben); Sammlung Schloss Eggenberg (Mitte); KLMircea CC BY-SA 2.0 (unten)

 

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