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Vorarlberg: Park des Palais Thurn und Taxis in Bregenz

 

Vorarlberg

Der Park des Palais Thurn und Taxis in Bregenz

 

Unweit der historischen Bregenzer Oberstadt und kaum 500 m vom Ufer des Bodensees entfernt liegt zwischen der Wolfeggstraße und der Gallusstraße das Palais Thurn und Taxis mit seinem Park. Der kleine, etwa 1,6 ha große Park ist neben den Seeanlagen die wichtigste öffentliche Parkanlage der Stadt. Zugleich zählt die aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammende Anlage aufgrund der Vielzahl an Gehölzraritäten zu den bedeutendsten historischen Gärten des Bodenseeraumes. Der bereits 1929 unter Denkmalschutz gestellte Park ist zudem auch die erste in Österreich unter Denkmalschutz gestellte historische Gartenanlage.

 

Der aus einer Pforzheimer Bijouteriewarenfabrikantenfamilie stammende Karl Gülich (auch Güllich) suchte 1839 gemeinsam mit Gallus Schwärzler aus Bregenz um die Genehmigung zur Errichtung einer Goldschmuckwarenfabrik in der Gallusstraße an, die 1841 errichtet wurde. 1846 erwarb der erfolgreiche Fabrikant ein Areal in der Nähe der Fabrik und ließ darauf im Revolutionsjahr 1848 eine herrschaftliche Villa, das heutige Palais Thurn und Taxis, errichten. Nordwestlich der Villa ließ Gülich im gleichen Jahr auf der sanft zur Bregenzer Bucht abfallenden Ölrainterrasse einen Garten anlegen, der den zentralen Teil des späteren Park bilden sollte. Der gülichsche Garten ist nur durch die erste Vorarlberger Landesaufnahme, den Katasterplan von 1856/1857 überliefert, der einen formalen, spätbiedermeierlichen Garten zeigt. Den Eingangsbereich der Villa war mit einem zentralen, ovalen Blumenbeet geschmückt, das in etwa dem heutigen Rasenoval vor der Villa entspricht. Seitlich war es von halbkreisförmigen Blumenbeeten flankiert, die den symmetrisch angelegten Nebengebäuden vorgelagert waren. Das Zentrum des Hauptgartens bildete ein großes längsovales Blumenfeld, das wiederum von zwei halbkreisförmigen Blumenbeeten auf der zur Villa gewandten und der von ihr abgewandten Seite umschlossen war. Die den Rundungen der zentralen Beete folgenden Wege erschlossen den symmetrisch angelegten Garten. Über die Bepflanzung dieses Gartens wie auch über ihren Gestalter ist nichts bekannt. Es ist aber zu vermuten, dass einige der heute mächtigen Solitärgehölze noch aus der Erstanlage des Gartens stammen. Noch im Jahr der Anlage beschreibt der Kreishauptmann Johann Nepomuk Ebner den Garten als "wohl den schönsten und größten in Bregenz".

 

Karl Gülich starb 1862; das Anwesen ging an seine Frau und seine sieben Kinder über. 1884 erwarb Prinz Gustav von Thurn und Taxis von diesen die Villa, den Garten und die Nebengebäude. Gustav von Thurn und Taxis (1848-1914) war das elfte von 16 Kindern des Fürsten Maximilian Karl von Thurn und Taxis. Er stand ab 1882 als Bezirkshauptmann von Karlsbad und ab 1884 als Bezirkshauptmann von Bregenz sowie Landesschulrat von Vorarlberg in österreichischen Diensten. 1887 erwarb er ein zwischen seinem Garten und der Wolfeggstraße liegendes Grundstück sowie ein südwestlich an den Garten angrenzendes Grundstück und erweiterte so das Areal auf seine heutige Größe. Auf dem zugekauften südwestlichen Arealteil befand sich südwestlich der Villa eine Gärtnerei mit einer heute nicht mehr erhaltenen Glashausanlage. Durch seinen aus Böhmen stammenden Ober-Gärtner Wenzel Smetana ließ er das nun vergrößerte Gartenareal in einen landschaftlichen Park umgestalten. Smetana übernahm zum Teil die Form der großen Oval- und Rundbeete bei der Wegeführung der neuen Parkgestaltung, wandelte aber sonst den formalen symmetrischen Ziergarten in eine rein landschaftliche Anlage um. Ein Plan Smetanas ist nicht erhalten, die Katasterpläne von 1899 und 1910 dokumentieren aber seine Gestaltung. Die neu geschaffenen Gartenräume besetzte er mit einer großen Anzahl von einheimischen und exotischen Baum- und Strauchgehölzen, die im milden Klima des Bodenseeraumes besonders gut gediehen. So finden sich neben einheimischen Eichenarten auch die amerikanische Roteiche sowie die Persische Eiche. Neben Buchen, Ulmen und Ahornen existieren auch Trompeten-, Geweih-, Tulpen-, Taschentuch- und Magnolienbäume neben zahlreichen anderen Arten. Besonders reich vertreten sind Nadelbäume. Neben einheimischen und exotischen Fichten-, Tannen- und Kiefernarten finden sich verschiedene Lebensbaum-, Scheinzypressen-, Zedern- und Mammutbaumarten. Der Park zeichnet sich mit über 110 Baum- und Straucharten, davon 33 Laubgehölz- und 78 Nadelbaum-Arten und -Varietäten als reichhaltigstes Arboretum des österreichischen Bodenseeraums aus.

Smetana war auch züchterisch tätig, so stellte er etwa bei Gartenausstellungen seine Rex-Begonien-Züchtungen vor und wurde 1901 in Wien für seine gärtnerischen Leistungen ausgezeichnet.

 

1914 verstarb Gustav von Thurn und Taxis. Im Jahr darauf erwarb die Stadtgemeinde Bregenz die Villa und den Park aus dessen Nachlass, nachdem sie sich bereits 1906 ein Vorkaufsrecht gesichert hatte. 1915 wurde damit auch zum Gründungsjahr der Stadtgärtnerei Bregenz. Nachdem bereits seit 1888 sämtliche Anlagen des Bregenzer Verschönerungsvereins durch Mitarbeiter der Stadtgemeinde gepflegt worden waren, war die Erwerbung des Parks nun Anlass zur längst überfälligen Gründung der Stadtgärtnerei, die seitdem auch den Thurn und Taxis Park pflegt und betreut. Erster Leiter der Stadtgärtnerei wurde der vormalige Thurn und Taxis´sche Obergärtner Smetana.

 

Der private Park wurde zum Stadtpark und der Bevölkerung geöffnet. Die Villa wurde 1917 an den deutschen Generalkonsul Thiel vermietet, der dort eine Passstelle einrichtete. Ab 1918 diente die Villa als Unterkunft für Bedienstete der Stadt Bregenz. Der Ankauf der Anlage war aber wohl nicht ohne Hintergedanken erfolgt. Zehn Jahre nach dem Tod des Prinzen lief das Werk Smetanas Gefahr zerstört zu werden. Der südwestlich an das Parkareal angrenzende Friedhof sollte auf Kosten des Parkareals erweitert werden. Der dadurch ausgelöste bürgerliche Proteststurm wurde auch von Heimatforschern, Publizisten und Literaten unterstützt. Das Bundesdenkmalamt beschied daraufhin der Stadtgemeinde, dass das gesamte Parkareal als geschichtliches und kulturelles Denkmal im Sinne des Denkmalschutzes zu werten sei und Veränderungen des Baumstandes ohne Zustimmung des Bundesdenkmalamtes nicht zulässig seien. Nachdem trotzdem erste Grablegungen stattfanden, strich der Konservator des Bundesdenkmalamtes für Naturschutz Josef Blumrich die Bedeutung des Gartendenkmals hervor. Ein vom Vorsitzenden der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, Graf Fritz von Schwerin, unterzeichnetes Manifest als Protest gegen die Zerstörung zählt den Park aufgrund seiner dendrologischen Vielfalt und gärtnerischen Qualität zu den bedeutendsten botanischen und gärtnerischen Sehenswürdigkeiten des gesamten Bodenseeraumes.

 

1925 wurden das Verbot von Baumfällungen und der Anlage von Gräbern sowie die Verpflichtung zum Schutz des Baumbestandes in das Grundbuch aufgenommen. Nachdem die Stadt weiterhin versuchte, eine Friedhofsnutzung auf dem Parkareal durchzusetzen, stellte das Bundesministerium für Unterricht 1929 den Thurn und Taxis Park als erste historische Gartenanlage in Österreich unter Denkmalschutz. Weitere Umnutzungsversuche der Stadt unterblieben daraufhin. 1953 überließ die Stadt Bregenz die Villa der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Vorarlbergs, die darin - bis heute - das Künstlerhaus Bregenz betreibt und mit Ausstellungen bespielt. Von 1954 bis 1990 wurden zwei Räume im Erdgeschoß vom Landeskonservatorat des Bundesdenkmalamtes genutzt. 1954 erfolgte im Auftrag der Stadtgärtnerei eine gärtnerische Umgestaltung durch den Garteningenieur Kratky, die allerdings planlich nicht dokumentiert wurde. 1983/1984 wurde das Palais durch die Architekten Hans Purin und Heinz Wagner renoviert und als Ausstellungsgebäude adaptiert. Zeitgleich adaptierte man das Gärtnerhaus für zusätzliche Einrichtungen der Künstlervereinigung. 2001 wurde im Auftrag des Bundesdenkmalamtes ein Parkpflegewerk durch das Landschaftsarchitekturbüro KoseLicka erstellt. Seitdem werden Pflegemaßnahmen von der Stadtgärtnerei Bregenz entsprechend den Vorgaben im Parkpflegewerk durchgeführt. Im Jahr 2016 wurde auf Anregung der Initiative "Schau auf Bregenz" begonnen, die Baumschilder des Gehölzbestandes zu erneuern.

 

Neben seiner Funktion als Naherholungsraum für die Stadtbevölkerung und als touristische Sehenswürdigkeit des österreichischen Bodenseeraumes stellt der Thurn und Taxis Park sowohl aufgrund seiner weitgehend unverändert erhaltenen Form als auch aufgrund der hohen Vilefalt an dendrologischen Besonderheiten ein bedeutendes Beispiel eines Landschaftsgartens und Arboretums der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht nur im westösterreichischen, sondern im gesamten Bodenseeraum dar. Aufgrund seiner denkmalpflegerischen Geschichte und frühen Unterschutzstellung kommt ihm auch eine besondere Bedeutung in der Geschichte der österreichischen Gartendenkmalpflege zu.

 

Das Künstlerhaus Palais Thurn & Taxis ist im Rahmen von Ausstellungen und Veranstaltungen zugänglich. Der Park ist ganzjährig frei zugänglich.

 

Text: © Thomas Baumgartner

Photos: © Jürgen Kiesenebner

 

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